Newsletter Herbst (2015)
Die stillen Nachbarn von der Saumstrasse
Veröffentlicht am: 29.09.2015
Seit mehreren Monaten schlafen in der Zivilschutzanlage unter der Aemtlerwiese Asylsuchende. Sie kommen direkt von der Grenze und warten auf einen Platz in Altstetten. Hazari aus Afghanistan war einer von ihnen.
Text: Ivo Mijnssen, Bild: ZVG
Abend für Abend, um punkt halb zehn, hält ein Car vor der Aemtlerwiese. Ihm entsteigen Sicherheitsleute, gefolgt von mehreren Dutzend jungen Männern. Die Asylsuchenden sind erst vor kurzem in die Schweiz eingereist und gehen schweigend in die Zivilschutzanlage. Das Draht-Tor schliesst sich hinter ihnen, sie verschwinden im Abgang in ihre unterirdische Schlafstätte. Danach herrscht Stille, nur gelegentlich telefoniert einer leise auf seinem Handy auf dem Vorplatz. In der Dunkelheit ist nur ein Ganglicht zu sehen – und ab und zu das Glimmen einer Zigarette.
Hazari war eine Woche lang einer dieser jungen Asylsuchenden unter der Aemtlerwiese. Die rudimentär eingerichtete Anlage bietet Schlafgelegenheiten und Nasszellen für maximal 48 Personen. Dennoch habe er nicht besonders gut geschlafen letzte Nacht, sagt Hazari. «Die Socken meiner Kollegen haben nicht so gut gerochen und mich wach gehalten», stellt er fest und schmunzelt. Zudem sei er einmal aus dem ihm ungewohnten Kajütenbett gefallen. Verletzt hat er sich dabei nicht, er sei dann doch gleich wieder eingeschlafen.
Hazari stammt aus Afghanistan und gehört einer verfolgten Minderheit an, weshalb er seine Heimat verlassen musste. Wie andere junge Männer schlief er an der Saumstrasse, bevor im grösseren Asylzentrum Juch ein Bett frei wurde. Schlafplätze sind angesichts wachsender Flüchtlingsströme knapp geworden. Deshalb hat die Zürcher Fachorganisation AOZ, welche die Asylsuchenden hier im Auftrag des Staatssekretariats für Migration beherbergt, auf die Zivilschutzanlage in Wiedikon zurückgegriffen.
Nun freut sich Hazari auf seinen neuen Schlafplatz im Zentrum Juch. Bereits während der Zeit in der Zivilschutzanlage hatte er wie alle anderen den Tag auf dem Juch-Areal in Altstetten verbracht, dort gegessen und Leute kennengelernt. In den drei Holzbarracken zwischen den Schienen und der Autobahn leben aktuell rund 370 Menschen, viele aus Eritrea, andere aus dem Nahen Osten. Sie nehmen an einem beschleunigten Asylverfahren teil, das der Bund im Testbetrieb in Zürich ausprobiert. Dabei werden ihre Gesuche nach einer dreiwöchigen Vorbereitungsphase innerhalb von zehn Tagen geprüft und entschieden. Falls vertiefte Abklärungen nötig sind, sieht der Entscheid ein erweitertes Verfahren vor.
Hazari trägt ein Jackett sowie Wanderschuhe – offenbar eine praktische Kombination für die Reise, die er hinter sich hat. «Vor zwei Wochen war ich noch in Griechenland», erklärt er. Dann entschied er, die Reise in die Schweiz zu wagen – just vor der Grenzschliessung in Ungarn kam er noch durch. Dass er statt Deutschland die Schweiz wählte, ist untypisch für jene, die gegenwärtig über die sogenannte Westbalkan-Route kommen. Er habe gehört, die Schweiz schaffe Afghanen nicht zurück, begründet er seine Wahl. Ob das stimmt, wird er in den nächsten Wochen sehen.
Hazari ist froh, in der Schweiz angekommen zu sein. Das Land kennt er praktisch nicht, und was er machen will, sollte er bleiben dürfen, weiss er noch nicht. «Seit ich elf Jahre alt war, habe ich gearbeitet, um meine vielen Geschwister durchzubringen, in die Schule ging ich nur unregelmässig.» Auch wenn Hazaris Zukunft in den Sternen steht, ist seine erste Priorität klar: «Ich will schnell Deutsch lernen, um mich in der Schweiz zurechtzufinden.»
Bewohner des AOZ-Zentrums Juch in Altstetten beim sportlichen Zeitvertreib.
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Als Wiedikon noch Wiedingchova hiess
Veröffentlicht am: 29.09.2015
Die Stadt Zürich publiziert seit diesem Sommer neue Porträts der verschiedenen Quartiere. Die Publikationen sind für alle Interessierten kostenlos und auch interessant für jene Wiediker, die das Quartier schon lange kennen.
Text: Fabian Baumann, Foto: Paebi, Wikimedia Commons, CC-BY-SA-3.0 unportiert
Aufgrund seiner Grösse ist der Kreis 3 in drei Bereiche mit jeweils eigenem Quartierspiegel unterteilt: Alt-Wiedikon, Friesenberg und Sihlfeld. Der Blick in die online und gegen ein geringes Entgelt gedruckt verfügbaren Nachschlagewerke fördert Interessantes zu Tage. So erfährt man über Alt-Wiedikon etwa, dass sich die Geschichte des Quartiers bis ins Jahr 889 zurückverfolgen lässt. Damals schenkte der Grundeigentümer von «Wiedingchova», ein Mann Namens Perchtelo, seinen Besitz dem Kloster Fraumünster. Wiedikon war während fast hundert Jahren eine eigenständige Gemeinde. Das landwirtschaftliche Leben wurde bis Mitte des 19. Jahrhunderts durch die Industrialisierung abgelöst, womit sich auch die Einwohnerzahl erhöhte: Zählte Wiedikon 1870 gerade mal 2850 Einwohnerinnen und Einwohner, waren es 1894 bereits mehr als 8000. Unter der schier ungebremsten Bevölkerungszunahme hatte die Gemeindekasse zu leiden. Darum befürworteten die Wiediker Stimmberechtigten schliesslich die Eingemeindung in die Stadt Zürich. Seit dem 9. August 1891 ist das Quartier Teil der Limmatstadt.
In den «Quartierspiegeln» dreht sich alles um die einzelnen Quartiere. Jede der insgesamt 34 Ausgaben nimmt ein Quartier unter die Lupe und stellt Daten von Statistik Stadt Zürich zu Verfügung. Dies alleine ist freilich noch nichts Besonders – schliesslich gehört es zur Kernkompetenz der Statistiker, alle möglichen Informationen über Bevölkerung und Wohnraum zu erheben und aufzubereiten. Was die Quartierspiegel auszeichnet ist, dass die statistischen Informationen mit geschichtlichen Hintergründen zu den Quartieren ergänzt sind und auch neuste Stadtentwicklungen reflektieren. Und noch etwas ist besonders: Die Stadt Zürich hat die Quartierspiegel unter einer quelloffenen Lizenz veröffentlicht. Wie bei der beliebten Onlineenzyklopädie Wikipedia stehen Texte, Grafiken und Bilder allen Interessierten zur Weiterverbreitung und -verwendung offen.
Die Quartierspiegel können gratis als E-Paper und PDF unter www.stadt-zuerich.ch/quartierspiegel bezogen werden.
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Fry kassiert für WCs und Turmbesteigung
Veröffentlicht am: 29.09.2015
Wer auf dem Üetliberg mal muss, bezahlt seit Anfang Jahr einen Franken. Schuld daran seien die «ewig Rückwärtsgewandten und Dauernörgeler», die sein Angebot nicht geschätzt und sogar bekämpft hätten, sagt Guisep Fry.
Text und Foto: Hannes Weber
Giusep Fry ist der Besitzer des Uto Kulms, Gipfel des Üetlibergs auf Stallikoner Gemeindegebiet. Ihm gehört auch das gleichnamige Seminarhotel. Der Hotelier ist seit Jahren im Clinch mit den Behörden. Beim Bundesgericht ist er letztes Jahr letztinstanzlich abgeblitzt (QN3 berichtete). Fry musste seine verglaste Terrasse abbauen. Er reagiert mit Preiserhöhungen. Anfang Jahr installierte Fry ein Drehkreuz beim WC. Alle Üetliberg-Besucher müssen einen Franken bezahlen für die Benützung der Toiletten. Fry rechtfertigt die Gebühr damit, dass die Kosten für den Unterhalt nicht mehr tragbar seien. Dass dies eine Trotzreaktion wegen dem verlorenen Prozess ist, streitet der Hotelier ab.
Doch auch die Besteigung des Aussichtsturm kostet jetzt zwei Franken. Fry hat ausgerechnet, dass der Unterhalt des Aussichtsturms jährlich 30’000 bis 40’000 Franken kostet. Aufgrund der Einbussen, die durch den erzwungenen Rückbau der Terrasse verursacht wird, seien die Kosten nicht mehr tragbar.
Schaut man sich in der Stadt Zürich etwas um, stellt man fest, dass auch viele der öffentlichen Toiletten kostenpflichtig sind. Die Stadt nahm so letztes Jahr fast 700’000 Franken ein. Ein Franken sei eine bescheidene Gebühr, meint man bei Züri-WC. Tatsächlich verlangen Private mehr. Bei Mc Clean im Bahnhof sind es 1.50 fürs Pissoir und 2 Franken fürs WC.
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Houdini wird wieder eröffnet
Veröffentlicht am: 29.09.2015
Das Kino Houdini an der Kalkbreite ist im Februar durch einen Brand stark beschädigt worden (qn3 berichtete). Die Sanierungsarbeiten laufen aktuell auf Hochtouren. Denn wie die Betreibergesellschaft des Kinos mitteilt, feiert das Houdini am 4. November grosse Wiedereröffnung. Die Bar im Erdgeschoss und das «Mezzanin» im Obergeschoss führen einen Sonderbetrieb. In den Kinosälen werden Kurzfilme gezeigt. Tags darauf, am Donnerstag 5. November wird der reguläre Betrieb wieder starten.
Nach dem Brand habe man den Schaden zu optimistisch eingeschätzt, schreibt die Neugass Kino AG, die das Houdini betreibt, in einer offiziellen Mitteilung. Insbesondere der Umfang der Rauch- und Hitzeschäden sei unterschätzt worden. Die Bar mit Foyer und Lounge im Obergeschoss sowie die Erschliessungsräume mussten zwischen März und Ende Juli stufenweise in den Zustand des Rohbaus zurückgeführt werden. Und auch fast die gesamte Kinotechnik musste erneuert werden.
Als Schadensursache wurde von der Polizei ein Kabelbrand im Bereich der Bar eruiert. Fremdverschulden wurde ausgeschlossen. Die Schadensumme beläuft sich laut der Neugass Kino AG auf rund 2.8 Millionen Franken und ist versichert.
www.kinohoudini.ch
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Mitglieder gesucht!
Veröffentlicht am: 30.09.2015
Wer Lust hat, dem Verein Quartiernetz3 als Passivmitglied beizutreten, kann dies für 20 Franken pro Jahr tun. Sie unterstützen damit eine unabhängige publizistische Plattform im Quartier: Unsere journalistische Arbeit bleibt natürlich unentgeltlich, aber wir können damit Projekte wie die Erneuerung der Website und unseres Auftritts angehen, die wir aus Freiwilligenmittel bisher selbst nicht stemmen können.
Informationen zur Überweisung: http://www.qn3.ch/kontakt.html
Quartiernetz3 sucht weiterhin Engagierte. Wer sich vorstellen kann, sich an der Arbeit zu beteiligen, schreibt ein unverbindliches Mail an info@quartiernetz3.ch für weitere Infos.
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