Ciao Santa Lucia!
33 Jahre war das Santa Lucia an der Birmensdorferstrasse ein kulinarischer Treffpunkt. Und für viele eine Quartierstube. Wegen dem Umbau der Migros-Filiale wird das Lokal per Ende Jahr geschlossen.
Pete Mijnssen (Text und Foto)
Sead Pelinkovic ist gefasst, aber eine gewisse Melancholie drückt im Gespräch durch. Kein Wunder, Ende Jahr ist auch für ihn hier Schluss. Über vier Jahre leitete er das Lokal und sorgte mit seinem Team für Ruhe und eine freundliche Stimmung. Auch an den Wochenenden, wenn es im 90-plätzigenLokal wie verrückt wuselte.
Zwar seien das gerade in der Pandemie keine einfachen Zeiten gewesen, erklärt er im Gespräch, aber «danach sind praktisch alle Gäste wieder zu uns gekommen». Die nach der Lockerung erstellten Plexiglascheiben zwischen den Tischen seien geschätzt worden, auch vorsichtige Personen hätten sich rasch wieder in die grosszügigen und hohen Räume gewagt. Das war vor allem wichtig für die vielen älteren Personen aus den umliegenden Alterswohnungen und Heimen, die tagsüber hier einkehren wollen.
Gemischtes Stammpublikum
Zu den 80 Prozent Stammgästen gehörten auch Familien. Kinder liebten neben dem immer bereitgestellten Gratissirup und den Farbstiften den Spielplatz in der Ecke, mit Sicht auf den Holz-Pizzaofen. Als das Santa Lucia Wiedikon 1989 eröffnete, war hier Pizzaiolo Giaccomo am Werk – ein wahrer Künstler und Showman und ein Kindermagnet. Schon fast in der Manier von Jimi Hendrix konnte er den Pizzateig vor und hinter dem Rücken hin- und her jonglieren. Viele der erwachsenen Gäste wurden wohl so herangezogen, auch wenn es heute am Pizzaofen trotz den zwei Pizzaiolos ruhiger zugeht. Mit dem Umbau und der Renovation vor 12 Jahren wurde das Lokal räumlich entschlackt und zusätzlich ein echtes Cheminee eingebaut. Auch einen Minibrunnen im Stil des Trevibrunnens gabs nun. Für die Einen purer Kitsch, aber die Kinder liebten das Glitzern der Münzen am Boden. Alle waren sich hingegen einig, dass die überdimensionalen Hanny Fries-Bilder an der grossen Rückwand noch besser zur Geltung kamen. Im Sommer versprach nun eine Terrasse im Innenhof mit sechzig Plätzen kühle Sommerabende.
Der Geschäftsführer vor dem imposanten Hanny Fries-Gemälde im Santa Lucia.
Platzkampf der Grossverteiler
Nun hat die die Hausbesitzerin Migros andere Pläne und will an diesem Ort einen Allnatura-Laden einbauen. Nebenan eröffnete dieses Jahr Coop einen Pronto, auf der gegenüberliegenden Seite soll nach der Eröffnung des Grossneubaus mit Lidl oder Aldi ein neuer Grossist einziehen. Darum bringen sich die beiden Schweizer Platzhirsche wohl schon mal in Position. Der Abwehrkampf im Detailhandel ist gnadenlos. Für ein Santa Lucia ist da offenbar kein Platz mehr, auch wenn Bindella selber nicht gerade eine graue Gastromaus ist. Ein neues Santa Lucia wird sich ab Februar an der Ecke Hohl-/Herdernstrasse finden. Deutlich kleiner, mit unter 50 Sitzplätzen.